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- #S2
- #Titel Editorial AmigaGadget # 41
- #Logo Gadget41:pinsel/AG.Intern
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- #Font losse 16
- #C31
- Hallo !
- #Font topaz 8
- #C21
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- Es gibt nicht viel, was die Menschheit
- mehr fasziniert und gleichzeitig stär-
- ker irritiert als die Zeit. Natürlich
- kann man es sich einfach machen und
- mit Albert Einstein davon ausgehen,
- dass Zeit das ist, "was man an der Uhr
- abliest". Jeder, der schon einmal auf
- etwas warten musste, weiß jedoch, dass
- das nicht alles sein kann. Kaum jemand
- wird behaupten, dass er das Verstrei-
- chen der Zeit immer gleich erlebt - ob
- er gerade einer mit Spannung erwarte-
- ten Ankündigung entgegenfiebert, ob er
- sich im Moment in einer unangenehmen
- Situation befindet oder ob gerade, be-
- zeichnendes Wortspiel, eine gute Zeit
- durchlebt. Während sich im ersten Fall
- die Tage, Stunden, Minuten und selbst
- Sekunden ziehen wie zäher Kaugummi,
- hat etwa die Ferienzeit die unschöne
- Angewohnheit, wie im Fluge zu vergehen
- - aber natürlich nur dann, wenn man
- nicht gerade bei Regenwetter in einem
- heruntergekommenen Hotel festsitzt.
-
- Dass die absolute Zeit, an die Aristo-
- teles und selbst Newton noch glaubte,
- nicht mehr sein konnte als eine Fik-
- tion der Physik, war also schon seit
- dem Anbeginn der Zeit jedem mit gesun-
- dem Menschenverstand ausgestatteten
- Zeitgenossen bewußt, lange bevor sich
- endlich auch die Naturwissenschaft
- dazu durchrang, die relative Natur der
- Zeit anzuerkennen. Doch damit wurde
- nichts besser. In der euklidischen
- Raumzeit, so drückt es beispielsweise
- Stephen Hawking aus, verliere sich
- "der Unterschied zwischen Zeit und
- Raum [...] vollständig". Doch das hat
- mit der erlebten Realität kaum etwas
- zu tun - als ob man sich in der Zeit
- zurückbewegen könnte wie auf einem
- irrtümlich eingeschlagenen Weg. Im Ge-
- genteil: die Zeit läuft unerbittlich
- ab, sie ist einer der "beiden größten
- Tyrannen der Erde" (Johann Gottfried
- von Herder).
-
- Besondere Bedeutung kommt der Zeit in
- der IT-Branche zu. Dort hat nämlich
- grundsätzlich niemand Zeit, was ange-
- sichts der Tatsache, dass die Computer
- und das Internet dem Menschen eigent-
- lich dabei helfen sollen, Zeit zu
- sparen, durchaus seine ironischen Mo-
- mente hat. John Steinbeck hat dieses
- Phänomen treffend formuliert, als er
- feststellte, dass man die meiste Zeit
- damit verliert, dass man Zeit gewinnen
- will. Unter dem Druck des nach dem
- Intel-Mitbegrüner Gordon Moore benann-
- ten ehernen Gesetzes der Computer-
- branche, nach dem sich die Leistungs-
- fähigkeit von Prozessor- und Speicher-
- chips alle 18 Monate verdoppelt,
- bleibt Hard- und Softwareherstellern
- gar nichts anderes übrig, als den
- nächsten Innovationsschritt in
- möglichst kurzer Zeit zu vollziehen.
- Hinzu kommt, dass der nach wie vor
- boomende Markt so umkämpft ist wie
- kaum ein zweiter, dass also jedes
- Unternehmen unter dem Zwang steht,
- schneller zu sein als die Konkurrenz,
- weniger Zeit zu verbrauchen als der
- Gegner. So zwingt die Herstellung an-
- geblich zeitsparender elektronischer
- Helfer die Hersteller dazu, selbst
- überall sparsam mit der vorhandenen
- Zeit umzugehen. Doch damit nicht ge-
- nug. Die Zeit stellt dem Menschen ger-
- ne auch dann ein Bein, wenn er gerade
- glaubt, sich ihrem Diktat bereits
- gebeugt zu haben. Das beste Beispiel
- dafür werden wir in wenigen Monaten
- erleben, wenn die Zeit sich für den
- Versuch rächt, durch das Weglassen
- zweier Stellen der Jahreszahl bei der
- Erstellung von Computerprogrammen
- (Entwicklungs- und Ausführungs-)Zeit
- zu sparen. Und so verbringen derzeit
- Tausende hochqualifizierter Informati-
- ker viel Zeit damit, die Fehler
- früherer Zeiten zu beheben und das so-
- genannte Jahr-2000-Problem zu lösen.
-
- Auch das "AmigaGadget" hat, die treue
- Leserin und der treue Leser werden es
- (hoffentlich) bemerkt haben, derzeit
- so seine Problem mit der Zeit. "Wer
- den schlechtesten Gebrauch von seiner
- Zeit macht, jammert am meisten, dass
- sie so knapp ist.", sagt Jean de La
- Bruyere, und er trifft damit den Nagel
- auf den Kopf. Diese "Gadget"-Ausgabe
- erscheint mit einem ganzen Monat Ver-
- spätung und die Schuld daran trägt
- alleine der Herausgeber, der Verfasser
- dieser Zeilen, der sich seine Zeit
- falsch eingeteilt hatte und plötzlich
- feststellen mußte, dass sie zur Fer-
- tigstellung des Magazins nicht mehr
- reichte. Nur der Zufall, der zweite
- der beiden "größten Tyrannen der Erde"
- von Herders, verlieh der Verzögerung
- noch einen Sinn. Denn auch jemand
- anderes hatte mit der Zeit zu kämpfen.
- Die Firma QNX hatte es mit Maurice
- Couve de Murville gehalten, der einst
- sagte: "Das Wissen um den richtigen
- Zeitpunkt ist der halbe Erfolg." Und
- so preschten die Kanadier, von denen
- man gemeinhin annahm, dass sie das Be-
- triebssystem der nächsten Amiga-Gene-
- ration zur Verfügung stellen würden,
- vor und verkündeten den Start eines
- speziell auf Amiga-Programmierer zuge-
- schnittenen Entwicklerprogrammes. Da-
- mit wurde die Firma Amiga zu einer
- Reaktion gezwungen, da sich in der
- Zwischenzeit ihre Pläne geändert
- hatten (vgl. dazu den Bericht im
- "Aktuell"-Teil dieser Ausgabe). Nach
- einem ersten Statement, in dem
- Amiga - Chef Jim Collas in aller Kürze
- mitteilte, dass man entgegen der noch
- Ende 1998 verkündeten Pläne nun den
- Linux-Kernal verwenden wolle, und mit
- dem er mehr Fragen aufwarf als Antwor-
- ten gab, wurde für die nächste Zeit
- die Veröffentlichung eines "Technology
- Brief" angekündigt, in dem man weitere
- Informationen zum neuen Amiga-Konzept
- bekanntgeben wollte. Darüber hinaus
- verdichteten sich die Gerüchte, dass
- während der Londoner "World Of Amiga"
- (WoA) am 24. und 25. Juli enthüllt
- werden könnte, welcher Prozessor in
- der Brust des neuen Amiga schlagen
- würde. Da fiel es nicht schwer, die
- Zeichen der Zeit zu erkennen, und den
- Erscheinungstermin der einundvierzig-
- sten "Gadget"-Ausgabe entsprechend zu
- verschieben. Doch während der "Techno-
- logy Brief" noch in der Zeit erschien,
- bleibt auch nach der WoA die Identität
- des Prozessor dem interessierten
- Amiga - Nutzer verborgen - auf unbe-
- stimmte Zeit.
-
- Doch auch Zeiten ändern sich, und eine
- große Zeitenwende steht, wie oben
- bereits kurz erwähnt, unmittelbar be-
- vor. Die Rede ist natürlich von dem
- Jahrtausendwechsel, der in Wirklich-
- keit keiner ist. Doch obwohl das
- dritte Jahrtausend eigentlich erst am
- 1. Januar 2001 beginnt, feiert die
- Menschheit den Millenniumswechsel zum
- 31. Dezember 1999. Das "Gadget" kann
- da nicht abseits stehen. Es ist also
- mal wieder an der Zeit für eines die-
- ser ambitionierten Projekte, von denen
- dieses Diskettenmagazin schon so viele
- vor ihrer Zeit hat zu Grabe tragen
- müssen. Dennoch bleibt natürlich die
- Hoffnung, dass diesmal alles anders
- wird. Denn die übernächste Ausgabe,
- das "AmigaGadget"#43, wird aller Vor-
- aussicht nach Ende November oder
- Anfang Dezember 1999 erscheinen,
- bietet also die optimalen Voraus-
- setzungen für einen Blick zurück,
- zurück auf das vergangene Jahrtausend,
- auf das ausgehende Jahrhundert, auf
- das letzte Jahrzehnt, das zu Ende
- gehende Jahr. "Spiegel" - Leser wissen
- bekanntlich mehr, und so kennen das
- Hamburger Nachrichtenmagazin lesende
- Zeitgenossen vermutlich auch die dort
- seit einiger Zeit abgedruckte Serie
- "Das 20. Jahrhundert", in der schwer-
- punktmäßig bestimmte Entwicklungen der
- letzten einhundert Jahre beleuchtet
- werden - vom "Jahrhundert der Impe-
- rien" bis zum "Jahrhundert der Massen-
- kultur". Da es auch ein Jahrhundert
- der schamlosen Plagiate war, will das
- "Gadget" keine Ausnahme machen (aus-
- nahmsweise...) und sich diesen Einfall
- entleihen, wenngleich in einer erwei-
- terten Form. Der Plan sieht folgender-
- maßen aus: Der "Grundlagen"-Teil der
- übernächsten "Gadget" - Ausgabe, der
- letzten, die in einem Jahr mit einer
- mit "1" beginnenden vierstelligen
- Jahreszahl erscheinen wird, soll ähn-
- liche Betrachtungen vergehender
- Zeitenräume enthalten, ohne dass es
- dabei einer Beschränkung auf das zwan-
- zigste Jahrhundert bedarf. Denkbar
- wären also Beiträge wie "Das Jahrtau-
- send der Religionen", "Das Jahrhundert
- der Nationen", "Das Jahrzehnt der
- Mikroprozessoren". Oder leichtgewich-
- tiger: "Das Jahrhundert des Films"
- oder "Das Jahrzehnt der Computerspie-
- le". Der Phantasie (oder, "Das Jahr-
- hundert der Rechtschreibung", der Fan-
- tasie ?) sind da keine Grenzen
- gesetzt. Wichtig ist nur, dass sich
- möglichst viele an diesem Vorhaben be-
- teiligen - und je früher die Beiträge
- in der Redaktion eingehen, desto bes-
- ser. Die vier Monate, die bis zur
- dreiundvierzigsten "Gadget" - Ausgabe
- noch Zeit sind, mögen heute nach viel
- Zeit klingen. Doch wenn man aus der
- letzten Zeit eins gelernt hat, dann
- ist das die Erkennts: Wer zu spät
- kommt, den bestraft die Zeit.
-
- Nach dem die Zeit der geneigten
- Leserin und des geneigten Lesers nun
- lange genug in Anspruch genommen wur-
- de, ist es wohl an der Zeit, die Ter-
- mine der nächsten Ausgabe bekanntzuge-
- ben:
-
- Einsendeschluß:
- #C10
- 24.09.1999
- #Y+4
- #C21
- Erscheinungstermin:
- #C10
- 27.09.1999
- #C21
-
- Die letzten Augenblicke dieses
- Editorials gehören schließlich, wie
- immer, zwei technischen Hinweisen. Zum
- einen heißt die Musik, die über das
- "Intern"-Menü abgespielt werden kann,
- "April's Favorite" und stammt von Deva
- Winblood. Und zum anderen ist da die
- Seitenzahl der aktuellen Ausgabe. Sie
- beträgt 572. Höchste Zeit also, mit
- der Lektüre zu beginnen.
-
- #Pinsel gadget41:pinsel/an rechts
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